Düt un Dat op Platt


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Anita Wollin, Alma Gerbers und Hella Einmann-Gräbert im Interview mit Hanne Klöver vom NDR 1.
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ERICH MASER (Erlebnisse aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Verein wi helpt di)

 

KANNST TOLÜSTERN, WARST RIEK IN DIEN KOOP UN HAART!

(wurde eingereicht bei der NDR-Aktion: Vertell doch mal-2021  

 

Bi us in Ollenborger Land, op´n Dörp, gifft dat siet een poor Jahren een Verein, da kümmert sik Lüüd um ollere Lüüd, de nich mehr so köönt. Dat weer fröher allens anners – aver dat isgoot, dat wi nu sowat hefft. Jo, un mi hett dat ok neeschierig maakt un so  bün ik hen un wullweten, wat man denn so maken mutt. De netten Fronslüüd vertellt mi, kannst eenmal in de Week Sellschop plegen, beten snacken un wat vertellen oder vorlesen oder inkoopen gahn. Ikseeg: „Nee dat liggt mi nich, ik bün so de Keerl för dat Grave (Heff ik jümmers so dacht!). Jo seggt die eene Fro, dat is goot. So een bruukt wi ok. Do mutt ok mal een elektrische Beeruttuscht weern oder dat klemmende Goorndor heel maakt weern. In de anner Week heet man mi all mitnahm un mit een ollern Ehpoor bekannt maakt. Wi hefft denn afmaakt, dat ik tokamMiddeweek-Vörmiddags kamen un dat maaken schull, wat so anliggt. As ik denn ankeem, hefft se mi erstmal vertellt, dat he bi de Isenbahn arbeit hett un se harr fröher een Goornereermit Blomen un Grööntüüchs. Se weern umtogen un harrn nu een lüttjen Goorn. Se fraagt mi, op ik ehr bi de Goornarbeit helpen kunn. Jo, mienentwegen, aver süms heff ik kien Goornhaart un weet dor nich so Bescheed. Se seegt: „Dat will ik di längst vertellen, wat du maakenmusst. So schuuv de ole Daam mit ehrn Rollator an´ne Kant vun Goorn. Se seegt: „Vun do bitdo grav mal um. Un nu hark dat mal över. Giff mi man denn Stecker, kiek mal in dissenAfstand, maakst mal Löcker, twee Regen för Bohnen, twee Regen för Arfken.“ Dat heff ikdenn ok maakt. Ik haar all een Reeh Bohnen plant, as se op eenmal  reep, se weer een kortenMoment mit eern Hund beschäftigt: „Dat is veel  to deep un kiek mal disse Stell vun de Bohn mutt na baven wiesen. Sünst wasst de na ünnen un kaamt noch in Australien rut, solang kööntwi nich töven! Ach noch watt, Bohn un Affken plant man nich, man seit de nich, de sett man. Dat heff ik denn maakt, anschien richtig, denn de nächsten Weken kunn ik sehn, wi allenswuss, fein an´n Maschendraht, na boven. Allens anners, aver dat is good, wi wi beiden dat so maakt.                                                                                                                      De Tietverging un as ik denn annermal vorbi keem, seet de ole Daam mit ehr Rollator twischen er Arfken- un Bohenreeh un fummelte in denn Maschendraht, an de Arfkenplanten middewielhingen. Noch een Week  wieder geev dat för mi heel unvermoden Arfensupp mit Potschen. Sülvst plant, ach nee: „In de Reeh sett  un sülvst oornt. Ach, wat weern wi stolt, besünnersik!“ Fröher hett man jümmers plant un oornt, hüüt geiht man in Laden un hoolt sik wat man bruukt.  Is even allens anners woorn. As ik an an een annern Middeweeken keem, hör ik  em ut de Wohnstuuv ropen: „Is he wedder dor? He, dat bün ik. He schall nich so veel arbeiten. He schall to mi rinkamen, mit denn kann man sik so goot ünnrerholen.“ Ik heff denn nur eenbeten Loof vör de Döör wegkratzt un ging denn in de Wohnstuuv. He freit sik un vertellt veel, wat he all so beleevt hett. He hett in de fofftiger Johr bi de Bahn leernt, damals geev dat doch noch een Damplook. Dor weer he Heizer und mött Kohlen schüffeln, dormit ornlich Damp utdenn Ketel kaamt. Von Emmen bit in Rohrrebeet un torüch. He kaam mit sien schwartetGsicht un bannig mööd avends na Huus. He hett mi woll annerhalf Stunnen wat vertellt.Neerlich muss ik nah Hamborg. Jo, bin mit denn ICE mal even hensust. In jeden Bahnhoffheff ik keeken, ob dor een mit swarten Gesicht Kohlen schüffeln  de. „Ach nee,  geiht jo nich, is hüüt allens anners!“ De goode Keerl hett mi in sien Wohnstuv noch veel mije Gesicht´nverteelt, wenher ik nich grad um Huus un in Gorrn mit sien Fro ingang weer. Eenmal, as ikweller bi ehm seet,  seeg he to mi: „Weest du all, dat Holschen-Jupp dood bleven is“. Jo,dorvon haar ik höört, aver warum de so´n Naam  haar, wuss ik noch lang´ nich.  Ik seeg joLeser, dat weer ne ganz dull  Geschicht. Ach nee, hüüt hett dat jo Story. Is even allens annersun wenn denn noch tolüstern kannst, warst riek in dien Koop un Haart!   

(Übersetzt von Hella EInemann-Gräbert)


Motto: „Alles ist anders…“  - Erich Maser-

 

Kannst zuhören, wirst reich in deinem Kopf und Herz!

 

Bei uns im Oldenburger Land, auf dem Dorf, gibt es seit ein paar Jahren einen Verein, bei dem kümmern sich Leute um ältere Leute, die nicht mehr so können. Das war früher alles anders, aber das ist gut, dass wir nun so etwas haben. Ja, und mich hat das auch neugierig gemacht und so bin ich hin und wollte wissen, was man da so machen muss. Die netten Frauen erzählen mir, dass ich einmal in der Woche Gesellschaft pflegen kann, ein bisschen schnacken und was erzählen, vorlesen oder einkaufen gehen. Ich sag. „Nee, das liegt mir nicht, ich bin eher der Mensch für das Grobe. (Habe ich immer so gedacht…). Jo, sag die eine Frau, das ist gut. So einen brauchen wir auch, da muss auch mal eine Glühlampe ausgetauscht oder das klemmende Gartentor ausgebessert werden. In der anderen Woche hat man mich dann schon mitgenommen und mir ein älteres Ehepaar vorgestellt. Wir haben dann abgemacht, dass ich nächsten Mittwoch-Vormittag kommen soll und das machen, was so anliegt. Als ich dann ankam, haben Sie mir erstmal erzählt, dass er bei der Eisenbahn gearbeitet hat und sie hatte früher eine Gärtnerei mit Blumen und Gemüse. Sie waren umgezogen und haben nun einen kleinen Garten. Sie fragt mich, ob ich ihr bei der Gartenarbeit helfen kann. Ja, meinetwegen, aber selber hatte ich keinen Garten und weiß da nicht so Bescheid. Sie sagt: „Das will ich dir nun erzählen, was du machen musst. So schuf die Dame mit ihrem Rollator an die Kante vom Garten . Sie sagt: „Von da bis da grabe mal um. Und nun harke da mal rüber. Gib mir dann den Stecker. Guck mal diesen Abstand, machst mal Löcher, zwei Reihen für Bohnen, zwei Reihen für Erbsen.“ Das hab´ ich dann auch gemacht. Ich hatte eine Reihe Bohnen gepflanzt, als sie auf einmal rief  - sie war einen kurzen Moment mit ihrem Hund beschäftigt -: „Das ist viel zu tief und guck mal, diese Stelle von den Bohnen müssen nach oben zeigen. Sonst wachsen die nach unten und kommen noch in Australien raus, solange können wir nicht warten. Ach noch was, Bohnen und Erbsen pflanzt man nicht, man säet sie nicht, die setzt man.“ Das habe ich dann gemacht, anscheinend richtig, denn die nächsten Wochen konnte ich sehen, wie alles wuchs, schön am Maschendraht, nach oben. Alles anders, aber das ist gut, wie wir beiden das so machen.

Die Zeit verging und als ich dann ein anderes mal vorbei kam, saß die alte Dame mit ihren Rollator zwischen ihren Erbsen- und Bohnenreihen und fummelte an dem Maschendraht , an dem die Erbsenpflanzen mittlerweile hingen. Noch eine Woche weiter gab es für mich unterwartet Erbsensuppen mit Pfötchen. Selbst gepflanzt, ach nee: „In der Reihe gesetzt und selbst geerntet. Ach, was waren wir stolz, besonders ich!“ Früher hat man immer gepflanzt und geerntet, heute geht man in den Laden und holt sich, was man braucht. Ist eben alles anders geworden. Als ich an einem anderen Mittwoch kam, hörte ich ihm aus der Wohnzimmer rufen: “Ist er wieder da?“ Er, das bin ich. „Er soll nicht so viel arbeiten. Er soll zu mir reinkommen, mit ihm kann mach sich so gut unterhalten“. Ich habe dann nur ein bisschen Laub vor der Tür weggekratzt und ging dann in das Wohnzimmer. Er freute sich und erzählte viel, was er so erlebt hat. Er hat in den fünfziger Jahren bei der Bahn gelernt, damals gab es noch die Dampflock. Da war er Heizer und musste Kohlen schaufeln, damit ordentlich Dampf aus dem Kessel kommt. Die Strecke, von Emden bis ins Ruhrgebiet und zurück. Er kam mit seinem schwarzen Gesicht und sehr müde abends nach Haus. Er hat mir wohl anderthalb Stunden etwas erzählt. Neulich musste ich nach Hamburg. Ja, bin mit dem ICE mal eben hingesaust. In jedem Bahnhof habe ich geschaut, ob dort einer mit einem schwarzen Gesicht Kohlen schaufelt. „Ach nee, geht ja nicht, ist heute alles anders!“ Der gute Mann hat mir in seinem Wohnzimmer noch viele schöne Geschichten erzählt, wenn ich nicht grad  um das Haus und im Garten mit seiner Frau aktiv war. Einmal, als ich wieder bei saß, sagte er zu mir: “Weißt du schon, das Holschen-Jupp gestorben ist. „ Ja, davon hatte ich gehört, aber warum der so einen Namen hat, wusste ich noch lange nicht. Ich sag euch Leser, das war eine ganz dolle Geschichte. Ach nee, heute heißt das ja Story. Ist eben alles anders und wenn du denn noch Zuhören kannst, wirst du reich in deinem Kopf und im Herz.